Fembio Specials Europäische Jüdinnen Katia Mann
Fembio Special: Europäische Jüdinnen
Katia Mann
geboren am 24. Juli 1883 in Feldafing am Starnberger See
gestorben am 25. April 1980 in Kilchberg bei Zürich
Ehefrau von Thomas Mann; Mutter von Erika, Klaus, Golo, Monika, Elisabeth und Michael Mann; Enkelin von Hedwig Dohm
140. Geburtstag am 24. Juli 2023
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Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Katharina, Katia, Mann geborene Pringsheim kam auf verschiedene Weise privilegiert zur Welt. Im Münchner Elternhaus des einzigen Mädchens unter fünf Geschwistern gingen Bildungs- und Besitzbürgertum eine vorteilhafte Allianz ein. Ihr Vater, Mathematikprofessor, war sehr reich, leistete sich vielerlei Interessen. Dessen Vater hatte dem Boom des Eisenbahnwesens in der Gründerzeit immensen Reichtum abgewinnen können. Katias Vorfahren mütterlicherseits steuerten vor allem enorme Beweglichkeit auf gesellschaftlichem Parkett, das Blitzgescheitsein sowie den Hang zum Sarkasmus bei. Immerhin war Katias Mutter eine Zeitlang als Schauspielerin hervorgetreten und Großvater Ernst Dohm als Chefredakteur der legendären satirischen Zeitschrift ‚Kladderadatsch’. Und Großmutter Hedwig Dohm hatte sich von einer unterdrückten Heranwachsenden mittels spitzer Feder zu einer Leitfigur der bürgerlichen Frauenbewegung hinaufgeschrieben.
Enkelin Katia war (privat auf die Reifeprüfung vorbereitet, der Besuch von Gymnasien war Mädchen noch verboten), 1901 eine der beiden ersten, externen, Abiturientinnen Münchens. Den Abschluss ihres Studiums der Physik und Mathematik verhinderte das beharrliche Werben eines klug taktierenden Heiratswilligen: Thomas Mann. 1905 gab ihm Katia, widerwillig bis zuletzt, das Ja-Wort. Die Ehe wurde ein Erfolg - weil der Schriftsteller Thomas Mann so außerordentlich erfolgreich war und nie vergaß zu erwähnen, was er der Frau an seiner Seite verdankte. Ein erhebliches Maß an Einsatz, Nachsicht und Geduld verlangte und erhielt ihr hochsensibler, hypochondrischer, homophiler Tommy. Wenn Katia die Kräfte verließen, setzte sie sich in Kurorte ab. Kinder, sechs insgesamt, waren da kein Hindernis: der Mannsche Haushalt verfügte über ausreichend Personal, der Hausfrau mangelte es allerdings oft an Langmut und Geschick im Umgang mit Gouvernanten, Köchinnen, Chauffeuren.
In so hervorragender Art wie dem Zauberer wurde Katia ihren drei Töchtern und drei Söhnen nicht gerecht. Nur Elisabeth, der Jüngsten, gelang eine relativ eigenständige Existenz. Der Ältesten, Erika, fehlte diese Distanz zum Elternhaus, sie wurde zur Rivalin der Mutter um des Vaters Gunst. Klaus' und Michaels Lebenswille trug nicht, und Golo und Monika empfanden und erlitten Anziehung und Abstoßung - bis zum Ende.
Glänzend bestand Katia die Prüfung des von den Nazis erzwungenen Exils. Sie verwand klaglos den Vermögensverlust, etablierte die Familie in Frankreich, mehrfach in der Schweiz und mehrfach in den USA, kümmerte sich um ihre alten Eltern. Außerordentliches leistete sie als Managerin des Literaturbetriebs Thomas Mann. Unter allen Bedingungen hielt sie dem Nobelpreisträger nach Frauenart den Rücken frei. Und verlor sich dabei doch niemals selbst aus den Augen! Katia Mann überlebte Thomas Mann um ein Vierteljahrhundert. Ein wenig vereinsamt aber keinesfalls unzufrieden, starb sie höchstbetagt.
Verfasserin: Brigitte Roßbeck und Kirsten Jüngling
Links
Katia Mann in der Deutschen Nationalbibliothek
Einen Überblick gibt Krülls Artikel Die Frauen im Schatten von Heinrich und Thomas Mann.
Und hier geht's zum SPIEGEL-Interview vom 17. Dezember 2001: “Das geerbte Unglück” – Die Familienforscherin Marianne Krüll über Lügen, Geheimnisse und verleugnete Erotik in der Schriftsteller-Familie Mann.
Links geprüft am 13. Juli 2023 (AN)
Literatur & Quellen
Jens, Inge und Walter. 2003. Frau Thomas Mann. Reinbek bei Hamburg. Rowohlt.
Jüngling, Kirsten & Brigitte Rossbeck. 2003. Katia Mann: Die Frau des Zauberers. Berlin. Propyläen.
Mann, Katia. 1976 [1974]. Meine ungeschriebenen Memoiren. Hg. Elisabeth Plessen & Michael Mann. Frankfurt/M. Fischer TB 1750.
Weitere Informationen finden sich in Marianne Krülls faszinierendem Buch Im Netz der Zauberer – Eine andere Geschichte der Familie Mann.
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