Fembio Specials Europäische Jüdinnen Rosalind Franklin
Fembio Special: Europäische Jüdinnen
Rosalind Franklin
(Rosalind Elsie Franklin)
geboren am 25. Juli 1920 in London
gestorben am 16. April 1958 in London
britische Molekularbiologin, Biophysikerin und Kristallographin
65. Todestag am 16. April 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Wieder einmal wurde 1962 ein Nobelpreis für Medizin aufgeteilt - auf zwei Engländer und einen Amerikaner für das Doppel-Helix-(Crick-Watson-Wilkins-)Modell zur Darstellung des “Rückgrats” der gentragenden Chromosomen: des Makromoleküls DNS (Desoxyribonucleinsäure). Nicht dabei war die Wissenschaftlerin, die durch ihre akribischen biophysikalischen und kristallographischen Arbeiten, Anregungen und entscheidenden Basisdaten für die preiswürdige Entschlüsselung der Trägersubstanz aller menschlichen und tierischen sowie pflanzlichen Erbeigenschaften die Erkenntnisse ermöglicht und praktisch vorweggenommen hatte.—-
Allerdings: wieder einmal über das Warum zu diskutieren, ist eigentlich müßig, denn - Rosalind Franklin war 37jährig schon 1958 an Krebs gestorben - einen Nobelpreis erhält auch eine (höchstqualifizierte) Frau nicht posthum ....
Viel wichtiger ist es, immer wieder, in weiteren, auch wissenschaftlichen, Kreisen ihre Bedeutung in der Forschung klarzustellen und sie endgültig von dem herablassenden und aus Watsons chauvinistisch peinlich-verfälschendem Bestseller (Die Doppel-Helix) unselig nachwirkenden verbissen-verhuschten, aggressiven und unattraktiven Image zu befreien (wie Anne Sayre 1975 es zuerst unternahm). Noch zu oft wird sie in der Literatur, so sie dort erwähnt wird, lediglich als Wilkins` Assistentin bezeichnet, war jedoch 1950 als Expertin neben ihn an das Londoner King‘s College eingeladen worden, um dort zur Verbesserung und Beschleunigung der laufenden DNS-Analysen eine eigene röntgendiffraktometrische Abteilung aufzubauen. Bereits 1951 kann sie aus ihren Aufnahmen eine spiralige DNS-Struktur nachweisen, zögert allerdings mit der Veröffentlichung, zeigt aber Crick und Watson, die in Cambridge ebenfalls an der DNS arbeiten, diese Befunde. Zwei Jahre später war es ihr Kollege Wilkins, der - er sei “naiv” gewesen ... - ohne ihr Wissen und ohne die mangelnde Fairness seines Handelns je anzuerkennen, ihre neuesten, qualitativ ausgezeichneten und jetzt eindeutig zu interpretierenden Aufnahmen nach Cambridge weiterreichte, die es Crick und Watson ermöglichten, daraus ihre Resultate zur räumlichen Darstellung der DNS abzuleiten und im April 1953 in der Zeitschrift Nature vorzustellen. Damit war das Rennen um die Entschlüsselung entschieden, der Weg für weitere genetische Forschungen frei, und Rosalind Franklin konnte nur noch für die gleiche Ausgabe weiteres stützendes Material aus ihren Arbeiten dazu liefern ... .
Eine bewußte Feministin ist Rosalind Franklin übrigens nie gewesen noch geworden. Wohl gerade, weil sie Kinder liebte und fand, eine Mutter gehöre zu ihnen und dann nicht mehr in den Beruf, beendete ihre Entscheidung (die sie bereits mit 15 traf), Wissenschaftlerin zu werden, jeden Gedanken an eine Ehe - oder andere Art von sozial-philanthropischer ”Karriere”, wie sie ihrem Vater zunächst vorschwebte…
1953 auch wechselt sie für ihre letzten Lebensjahre aus der höchst unerfreulichen Atmosphäre in King‘s zum Londoner Birbeck College, wo sie u.a. am lebenden Poliovirus arbeitet; nach ihrem Tod wird dessen Erforschung wegen der hohen Ansteckungsgefahr gestoppt. Noch sieben Veröffentlichungen über weitere komplexe Chromosomenstrukturen (Tabakmosaikvirus) kommen zu ihren bisherigen Arbeiten über Kokse, Graphite, Kohlen und generell Carbone (grundlegend u.a. für die z.Zt. so wichtigen Carbonfaser-Verbundstoffe) sowie einige spezielle organische Verbindungen hinzu.
(Text von 1999)
Verfasserin: Swantje Koch–Kanz
Literatur & Quellen
Fölsing, Ulla. 1990. Nobel-Frauen: Naturwissenschaftlerinnen im Porträt. München. Beck.
Klug, Aaron. 1968. “Rosalind Franklin and the discovery of the structure of DNA”, in: Nature 219 (Aug. 24, 1968). S. 808-10, 843-4.
McGrayne, Sharon Bertsche. 1993. Nobel Prize Women in Science: Their Lives, Struggles, and Momentous Discoveries. New York. Birch Lane.
Ogilvie, Marilyn Bailey with Kerry Lynne Meek. 1996. Women and Science - An Annotated Bibliography. New York & London. Garland.
Sayre, Anne. 1975. Rosalind Franklin and DNA. New York. W.W. Norton & Company.
Watson, James D. 1969. Die Doppel-Helix; ein persönlicher Bericht über die Entdeckung der DNS-Struktur. [= The Double Helix. London. Weidenfeld and Nicolson. 1968. - Vgl. die neuere kritische und erweiterte Ausgabe: Hrsg. Gunther Stent. New York. W.W. Norton & Co. 1980]. Einführung Heinz Haber. Aus d. Engl. von Vilma Fritsch. Reinbek bei Hamburg. Rowohlt.
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