Fembio Specials Europäische Jüdinnen Simone Veil
Fembio Special: Europäische Jüdinnen
Simone Veil
(Simone Veil geb. Jacob)
geboren am 13. Juli 1927 in Nizza
gestorben am 30. Juni 2017 in Paris
französische Politikerin
95. Geburtstag am 13. Juli 2022
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Als Voraussetzung für eine freie Zukunft braucht dieses versöhnte Europa ein dauerhaftes Fundament, das auf zwei Pfeilern beruht: Weitergabe der Erinnerung und Demokratie,
mahnte die ehemalige EU-Parlamentspräsidentin Simone Veil anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2004 im Deutschen Bundestag. Die in Nizza geborene Tochter eines jüdischen Architekten war 1944 zusammen mit ihrer Familie in die Konzentrationslager von Auschwitz und Bergen-Belsen deportiert worden. Nur sie und ihre Schwester überlebten.
Nach dem Krieg studierte Veil (geb. Jacob) Jura und Politikwissenschaft in Paris und wurde Verwaltungsbeamtin im Justizministerium. Ihre eigentliche politische Karriere begann 1974, als sie, protegiert von Giscard d’Estaing, als erste Frau ein Ministeramt erhielt. Verantwortlich für das Gesundheitsressort (bis 1979), wurde sie besonders durch ihren Kampf für das Gesetz zur Liberalisierung des freiwilligen Schwangerschaftsabbruchs bekannt. Mit Mut und Entschiedenheit setzte sie trotz harter öffentlicher Kritik und gegen den erbitterten Widerstand von Teilen des Regierungslagers die sog. „Loi Veil“ im Dezember 1974 mit den Stimmen der oppositionellen Linken im Parlament durch.
Fünf Jahre später wechselte Veil als Abgeordnete der Liberalkonservativen (UDF) ins Europaparlament, das sie als erste Frau zu seiner Präsidentin wählte. Überzeugt von supranationalen Ideen trat die leidenschaftliche Anhängerin des Europagedankens in ihrer zweieinhalbjährigen Amtszeit nachdrücklich und erfolgreich für den Kompetenzzuwachs der bis dahin rein beratenden Versammlung ein. Nach dem turnusgemäßen Ausscheiden aus dem Amt übernahm sie in den nächsten zwölf Jahren weitere Leitungsfunktionen, in denen sie sich auch immer wieder für eine Stärkung der Rechte der Frauen einsetzte.
Mit dem Sieg der Gaullisten (RPR) und der UDF bei den Wahlen zur Nationalversammlung im März 1993 kehrte Veil nach Paris zurück. Als Ministerin für Gesundheit, Soziales und Stadtpolitik (1993-1995) wurde ihr mit der Ernennung zur Staatsministerin im Kabinett eine protokollarische Vorrangstellung zuteil. Sie war damit die erste Frau, die diese bedeutsame Auszeichnung erhielt. Im Eiltempo und mit einschneidenden Maßnahmen sanierte sie die Rentenversicherung.
Die Wahl Jacques Chiracs zum Staatspräsidenten beendete ihr Ministeramt. Seit 1998 war Veil Mitglied des französischen Verfassungsrates. Für ihr Engagement in Europa und ihren Einsatz für den Frieden erhielt sie zahlreiche Preise, u.a. den Europäischen Karlspreis.
(Text von 2006)
Verfasserin: Dorothea Schanen
Literatur & Quellen
Europäisches Parlament. Hg. 1976. Ansprachen von Frau Louise Weiss, Alterspräsidentin, und von Frau Simone Veil, Präsidentin. Straßburg. Europäisches Parlament.
Sarazin, Michel. 1987. Une femme: Simone Veil. Paris. Robert Laffont.
Schorlemmer, Friedrich & Ulrich Herold. Hg. 1992. Zusammen-wachsen. Gespräche aus einer Wende 1990-1992. [Mit einem Interview mit Simone Veil]. Berlin. Constructiv.
Szafran, Maurice. 1994. Simone Veil – destin. Paris. Flammarion.
Veil, Simone. 1992. L’Architecture nouvelle de l’Europe aujourd’hui. Revue de sciences morales et politiques. Vol. 17 issue 3, pp 425-438. Presses Universitaires de France.
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