Fembio Specials Europäische Jüdinnen Marguerite Friedlaender-Wildenhain
Fembio Special: Europäische Jüdinnen
Marguerite Friedlaender-Wildenhain
(Marguerite Friedlaender [Geburtsname]; Marguerite Wildenhain [Ehename])
geboren am 11. Oktober 1896 in Ecully bei Lyon/Frankreich
gestorben am 24. Februar 1985 in Guerneville, Kalifornien/USA
französisch - US-amerikanische Keramikkünstlerin
125. Geburtstag am 11. Oktober 2021
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
»Publizität und Rampenlicht sind so flüchtig wie Wolken«, resümierte die Keramikkünstlerin Marguerite Friedlaender-Wildenhain in ihrer Autobiographie. Sie wusste, wovon sie sprach: Früh erntete sie reichlich Lorbeer, als junge Bauhaus-Künstlerin, als erste leitende Keramikmeisterin einer bedeutenden Kunstschule der Weimarer Republik – der Halleschen Burg Giebichenstein, schließlich als innovative Porzellan-Designerin internationalen Rufs. Seit 1933 aber, seit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler, wurde Friedlaender-Wildenhain in Deutschland ausnahmslos auf ihre jüdischen Wurzeln reduziert. Sie floh in die Schweiz, startete mehrmals neu, in den Niederlanden, in den USA. Dass ihr fünftes Comeback an einen Aufstieg zur künstlerischen und moralischen Instanz der US-Keramikszene gekoppelt war und sie sich, wie Gerhard Marcks einmal scherzte, »mit Aussicht auf Erfolg« problemlos »um den Präsidentenposten« (1963, zit. n. Marcks, 1988, S. 181) hätte bewerben können, war ironischerweise einem Ausstieg geschuldet: Ihrem Rückzug in ein – vordergründig – Eremitinnen-gleiches Leben auf der kalifornischen Pond Farm.
Nieder mit der »hochmütige(n) Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern«: Bauhaus
Als sich Marguerite Friedlaender-Wildenhain zum Wintersemester 1919/20 mit 23 Jahren enthusiastisch am Bauhaus in Weimar einschrieb, war die Kunstschule erst wenige Monate alt und flammender Handwerksverklärung zugetan. Friedlaender-Wildenhain entstammte finanziell privilegierten, deutsch-französischen SeidenfabrikantInnen-Kreisen. Sie hatte bereits in Lyon, Berlin und Folkstone gelebt, einige Semester an der Berliner Hochschule für Angewandte Kunst studiert, eine anderthalbjährige Lehre als Holzbildhauerin absolviert und ebenso lange als Entwerferin für Porzellandekor gearbeitet, bevor ihr, während sie durch Thüringen wanderte, ein Bauhaus-Prospekt in die Hände fiel: »Architekten, Bildhauer, Maler«, las sie darin, »wir alle müssen zum Handwerk zurück!« Eine neue Zunft der Handwerker sei zu gründen, eine, die ohne »klassentrennende Anmaßung« existiere – ohne die »hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern« (1919, zit. n. Marguerite Friedlaender-Wildenhain, 1989, S. 18). Fasziniert von der Vision, das Handwerk werde künftig eine zentrale Rolle in der Kunst spielen und die Kunst wiederum im Alltagsleben, schien sie gefunden zu haben, wonach sie jahrelang vergeblich suchte: »Wir glaubten fest daran, dass das ein möglicher Weg sei, die Welt zu verändern« (Friedlaender-Wildenhain, 1989, nachfolgend zitiert als: MFW).
»...sie kann Alles und Alles am besten«: Keramikwerkstatt
»Wenn Du den Topf noch ein bisschen besser machen kannst, dann tu es!« (MFW, S. 28) predigte Max Krehan, der Werkmeister der Bauhaus-Keramikwerkstatt, seinen SchülerInnen, zu denen seit bestandenem Vorkurs 1921 auch Marguerite Friedlaender-Wildenhain zählte. Retrospektiv erhob sie die scheinbar simple Krehansche Formel zur Lebensmaxime. Dem zweiten Bauhaus-Keramiker im Bunde, Formmeister Gerhard Marcks, zeigte sie sich ähnlich langwierig verbunden. »Ich halte ihn für einen der größten Bildhauer unserer Zeit« (MFW, 1989, S. 22), lobte sie noch hochbetagt. Marcks würdigte Friedlaender-Wildenhain zeitlebens kaum weniger überschwänglich: »sie kann Alles, und Alles am besten… nur eins kann sie nicht: zuhören. Aber konnte Napoleon zuhören?« (1963, zit. n. Marcks, 1988, S. 181). Die in zahllosen Briefen dokumentierte Freundschaft zu Marcks mag überraschen: Marcks setzte sich – lange vor 1933 – wiederholt mit antijüdischen Äußerungen in Szene und provozierte damit manchen Disput, auch am Bauhaus. »In Weimar hieß ich Nazi« (zit. n. Marcks, 1988, S. 70), bestätigte er 1933. In welcher Absicht auch immer, setzte er sich in NS-Deutschland dennoch wiederholt für Jüdinnen ein – ein in doppelter Hinsicht verblüffendes Engagement, da Marcks zu allem Überfluss einem verstaubten Frauenbild verfallen war: Deckungsgleich mit den meisten, nominell universal-modernen Bauhausmeistern definierte er Weiblichkeit und künstlerisches Potential als unversöhnliche Antipoden, womit er u.a. Friedlaender-Wildenhains talentierte Kommilitonin [url=https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/grete-heymann-loebenstein]Grete Heymann-Loebenstein[/url] aus der Keramikwerkstatt trieb.
»Als das Bauhaus krachte«: Burg Giebichenstein
1925 zog das Bauhaus von Weimar nach Dessau und trennte sich von der im ländlichen Dornburg gelegenen Keramikabteilung. Friedlaender-Wildenhain war damals bereits drei Jahre als Gesellin Max Krehans tätig und empfand den Verlust des Arbeitsplatzes als Befreiungsschlag: Mit der seit 1923 gültigen, industriefreundlichen, – scheinbar – handwerksfeindlichen Bauhaus-Losung »Kunst und Technik – eine neue Einheit« konnte sie sich nicht anfreunden. Die vermeintlich zunehmend einseitige Orientierung an rigiden, theorielastigen Rationalisierungsfragen titulierte sie als kreatives Hemmnis, schlicht: als »lebens- und kunstfeindlich« (1935, zit. n. Weber, 1988, S. 173).
Gemeinsam mit anderen BauhäuslerInnen, u.a. Benita Koch-Otte und Gerhard Marcks wechselte sie 1925 an die Staatlich-städtische Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein nach Halle/Saale, um am 1. November die Leitung der dortigen Keramik-Abteilung zu übernehmen. »Als das Bauhaus krachte,«, erinnerte sie sich später, hätten viel Ex-BauhäuslerInnen die Burg als »eigentliche Besserung der Idee des Bauhauses« (zit. n. Weber, 1988, S. 154) begriffen: Endlich hätten hier alle arbeiten können »ohne fortwährend intellektuelle Begriffe zu kauen«.
Die zunächst von Paul Thiersch, dann, ab 1928, von Gerhard Marcks geleitete Burg Giebichenstein trat mit weit weniger Progressivitäts-Pathos an die Öffentlichkeit als das Bauhaus, wurde aber dennoch, an den Kriterien des Deutschen Werkbundes gemessen, als eine der innovativsten Institutionen ihrer Zeit rezipiert. In genderpolitischer Hinsicht war die Burg sogar minimal fortschrittlicher als ihre ungleich berühmtere Dessauer Schwester: Zwar beabsichtigte Burg-Leiter Thiersch anfangs, ähnlich wie Bauhaus-Leiter Gropius, Frauen primär auf »Stickerei, Weberei, Teppichknüpferei etc.« (zit. n. Dolgner, 2000, S. 143) zu beschränken. Bald jedoch waren Burg-Schülerinnen in nahezu allen Disziplinen vertreten, durften sie in fast allen Bereichen eine Gesellinnen-Prüfung ablegen. Auch standen schon 1922 den sieben Lehrern immerhin drei Lehrerinnen gegenüber – während das Bauhaus in seiner 14-jährigen Geschichte eine einzige vollwertige Meisterin zuließ.
»Feldzug der reinen Sachlichkeit in die Keramik«: Leiterin der Keramik- und Porzellanwerkstatt
In ihren späten Texten erklärte Friedlaender-Wildenhain Gefühl und Handwerk zu den tragenden Säulen ihrer Keramikkunst. Den Intellekt stempelte sie zum Widerpart; zudem gerierte sie sich im Alter latent antiavantgardistisch. Der Glaube, dass »alles, was neu ist, Kunst ist« (MFW, S. 76), sei falsch. Was heute als progressiv gelte, könne schon morgen »als alter Kram« bewertet werden. In der Weimarer Republik dagegen wurde Friedlaender-Wildenhain als Avantgardistin gelobt, ihr Werk als Inbegriff innovativer, radikal sachlicher Gebrauchskeramik hochgehalten: Johannes Krell etwa pries ihre Hallesche Werkstatt als eine der Keimzellen des »Feldzug(es) der reinen Sachlichkeit in die Keramik« (1930, zit. n. Weber, 1988, S. 154).
Friedlaender-Wildenhains Weg zur vielzitierten Keramikerin der Weimarer Republik war arbeitsam: Zunächst hatte sie sich auf die neuen Spezifika in Halle einzustellen, auf den andersartigen Ton, die divergenten Brenntechniken, abweichenden Glasuren, neuen MitarbeiterInnen. 1926 legte sie ihre Meisterinnenprüfung ab, war damit republikweit die erste Keramikmeisterin, in derart exponierter Position. Trotz aller Bauhaus-Kritik knüpfte sie emsig Kontakte zur Industrie.
Nebenher leitete sie seit 1929 die frisch gegründete Burg-Porzellanwerkstatt. Als künstlerisches Versuchslaboratorium für die Industrie angedacht, entstanden hier u.a. ihre Prototypen für die prestigeträchtige »Königlich-Preußische Manufaktur« (KPM), damals »Staatliche Porzellan-Manufaktur Berlin« (StPM) genannt. Völlig neuartige, dekorlose Weißporzellan-Serien entstanden nun, darunter die als Geschirr für die »Neue Wohnung« vermarktete Reihe »Hallesche Form«, zu der u.a. ein Kaffee- und Teeservice gehörten. Oder »Hermes«, ein unempfindliches Hotel- und Tafelgeschirr für das Hallesche Flughafenrestaurant. Die zeitgenössische Kritik glorifizierte die StPM-Serien zur Kehrtwende in der Porzellangeschichte. Denn im statusfixierten, höherwertigen Tafelgeschirr-Sektor gaben bis dahin nahezu ungebrochen Jugendstil und Friderizianismus den Ton an. Stephan Hirzel wertete die Servicen als »kleine Sensation« (1930, zit. n. Weber, 1988, S. 161) und Wilhelm Wagenfeld würdigte die fruchtbare Kooperation zwischen Burg und StPM als wegweisend »für die gesamte deutsche Porzellanindustrie« (ebd., S. 164). Zunehmend von den Aktivitäten für die Porzellanabteilung absorbiert, übertrug Friedlaender-Wildenhain 1930 ihrem ehemaligen Schüler und späteren Ehemann Franz Rudolf Wildenhain (1905-1980) die Leitung der Keramikwerkstatt.
»Vor Menschen habe ich z. Z. eine wahre Angst«: Niederlande
»... eines Tages (kam) der Bürgermeister unserer Stadt zu mir und bat mich mit Tränen in den Augen, ob ich ihm nicht den traurigen Gefallen tun wolle, meinerseits zu kündigen« (MFW, S. 36) leitete Marguerite Friedlaender-Wildenhain ihre Vertreibung aus Deutschland in ihrer Autobiographie ein, die sie 1973 in den USA veröffentlichte – zu einer Zeit also, als ihre Flucht bereits 40 Jahre zurücklag, ein Großteil der Deutschen sich jedoch ungebrochen hinter »wir-wussten-von-nichts-Fassaden« versteckte. Friedlaender-Wildenhain war 1933 an der Halleschen Burg die letztverbliebene Lehrkraft mit jüdischen Wurzeln und sollte, wie Marcks es formulierte, regelrecht »geopfert« (1933, zit. n. Marcks, 1988, S. 69) werden: Angeblich, um einer Kunstschul-Schließung zuvorzukommen.
Im Februar 1933 floh Friedlaender-Wildenhain zu ihren Eltern in die Schweiz. Nur drei Monate später hielt trotzdem manch weitere Burg-LehrerIn ein Kündigungsschreiben in der Hand. Unverhohlen rasch strich auch die StPM Friedlaender-Wildenhain von ihrer KünstlerInnen-Liste, wenngleich sie einige ihrer Entwürfe weiterproduzierte. Ohne ihren Namen.
Marguerite Friedlaender-Wildenhain besaß einen französischen Pass, fühlte sich aber keinem Staat zugehörig. Und keiner Religion: »Ich bin weder Jude, Christ, noch Heide, ich bin, was ich sein kann, so gut, so ehrlich, so wahrhaftig und so offen wie ich sein kann« (zit. n. Müller, 2009, S. 81). Der seit Jahren immer brutaler agierende Antisemitismus traf sie tief. Sie flüchtete sich in ellenlange Wanderungen durch die Natur. Allein diese sei »echt und verrät einen nicht« (1933, zit. n. Marcks, 1988, S. 70), vor Menschen habe sie »z. Z. eine wahre Angst«.
Um zu überleben, gründete sie gemeinsam mit ihrem Mann im gelderländischen Putten die Werkstatt »Het Kruikje« (Das Krüglein). Nachkaufbare eingedrehte und gegossene Teeservicen bildeten nun die Haupteinnahmequelle. Tag und Nacht feilte sie an neuen Ideen. »Sie hat seelisch einen Knacks gekriegt«, sorgte sich Marcks, »und ersäuft ihn in Tätigkeit« (1934, zit. n. Schneider, 2002, S. 60). Auf der Pariser Weltausstellung 1937 gewann sie ein letzten Mal einen Preis in Europa: Für ihr Teeservice »Five o’clock« bekam sie die Silbermedaille. Am 2. März 1940, wenige Wochen bevor NS-Deutschland die Niederlande okkupierte, entkam sie nach New York. Ihr Mann blieb zurück, als Deutscher erhielt er kein Visum.
»Stets habe ich mich unter Bäumen ... heimischer gefühlt«: Pond Farm Pottery
Das US-Metropolenleben machte Friedlaender-Wildenhain mächtig zu schaffen. »Stets habe ich mich unter Bäumen, zwischen Felsen und unter Tieren heimischer gefühlt als zwischen Häusern und Geschäften« (MFW, S. 39). Dezent verächtlich-eurozentrisch blickte sie auf US-amerikanische Alltagsgepflogenheiten, wunderte sich, dass »aus dem ›Sesam-öffne-dich‹ des amerikanischen Lebens, dem Kühlschrank« (MFW, S. 54), nicht gleich die Nationalhymne tönte. Beruflich gleichwohl hatte sie – im eklatanten Gegensatz zu den meisten emigrierten KünstlerInnen ihrer Tage – fulminantes Glück: Sie fasste in Oakland Fuß, als Leiterin der Keramikwerkstatt am California College of Arts and Crafts.
1942 zog sie sich dennoch aufs Land zurück: zu ihren FreundInnen Jane und Gordon Herr, die nahe Guerneville, 75 Meilen nördlich von San Francisco, auf einer verwaisten Ranch eine KünstlerInnen-Kolonie zu implantieren planten. U.a. sahen die Herrs eine Textil- und eine Metallwerkstatt vor, während Friedlaender-Wildenhain in ihr fünftes Keramikerinnen-Leben startete und in einer, wie sie es nannte, schiffskabinengroßen Scheune eine Keramikwerkstatt aufbaute. Auf lange Sicht sollte eine Bauhaus-ähnliche Kunst- und Designschule entstehen, die SchülerInnen und LehrerInnen jeder Herkunft, jeder Nation, jedes Genres, einte. »Pond Farm ist nicht nur eine Schule«, betonte Friedlaender-Wildenhain, »sie verkörpert tatsächlich einen Lebensstil« (MFW, S. 159).
»Wahren ... Ruhm erntet man nur mit der Gesamtheit seines Lebens«: Künstlerisch-moralische Instanz
1953, nach Jane Herrs Tod, löste sich die KünstlerInnen-Kolonie auf. Vier Jahre zuvor war bereits Friedlaender-Wildenhains Ehe mit Franz Wildenhain in die Brüche gegangen. Die landschaftsverliebte, introvertierte, oft wortkarge Künstlerin lebte seither alleine mit ihrer »Pond Farm Pottery«.
Ihr eskapistisches Eremitinnen-Leben konterkarierend, legte sie ein beachtliches PR-Talent an den Tag, das der Keramikwerkstatt zu überregionalem Ansehen verhalf: Sie verfasste Texte und Bücher, veranstaltete allsommerliche, neunwöchige Workshops, reiste, Einladungen zu Vortragsreihen und Ehrungen folgend, kreuz und quer durch die Staaten, nach Südamerika, führte einem immer größeren Publikum die Arbeit an insgesamt 13 Töpferscheiben vor Augen – eine in den USA damals weitgehend unbekannte Technik.
Mit ihrem friedlich-genügsamen, von Sonne, Mond und Jahreszeit getakteten Landleben beeindruckte sie viele, von Konsumrausch, Metropolenlärm und Kriegsgebaren übersättigte ZeitgenossInnen. »Wahren menschlichen und künstlerischen Ruhm erntet man nur mit der Gesamtheit seines Lebens, mit dem Schweiß der Stirn und der Hingabe der Seele; billige Publizität kann man erkaufen – mit dem Verkauf seiner persönlichen Integrität« (MFW, S. 185) donnerte sie vermeintlich kurzlebigen, Kapitalismus-getreuen Kunstmoden entgegen. Friedlaender-Wildenhains künstlerisches Markenzeichen waren jetzt Einzelstücke, zumeist Gebrauchskeramik, von schlichter, reduzierter Form, mit reichhaltigem, oft gegenständlichem Dekor. Entlegene Kulturen waren ihr eine wichtige Inspirationsquelle geworden, vor allem die ostasiatischen und indigenen.
1985 starb Marguerite Friedlaender-Wildenhain. Fast drei Jahrzehnte später, 2014, wurde ihre vom Verfall bedrohte Pond Farm in letzter Sekunde auf die Liste nationaler Denkmäler gesetzt. Für den Archäologen Breck Parkman war dieser Schritt in doppelter Hinsicht überfällig: Wegen Friedlaender-Wildenhains herausragender Bedeutung für die Keramikgeschichte – und wegen der bislang beklagenswert kleinen Zahl weiblicher Wirkstätten, die das kalifornische Denkmalinventar berücksichtigt. »Jeder Gedanke existiert erst, wenn er in eine Form gefasst ist« (MFW, S. 218), zitierte Friedlaender-Wildenhain ihren ehemaligen Landsmann Gustave Flaubert. Bleibt abzuwarten, wie viele Frauenviten das US-amerikanische National Register of Historic Places letzten Endes in Form fassen wird.
Verfasserin: Annette Bußmann
Zitate
»Flaubert hat irgendwo geschrieben: ›Jeder Gedanke existiert erst, wenn er in eine Form gefasst ist.‹ Nirgendwo erweist sich das als wahrer, als gerade in der Töpferei, wo man jeden Gedanken in dreidimensionaler Form ausdrücken muss.« (MFW, S. 218)
»Wir müssen unser Leben wieder an anderen Werten ausrichten. Kein Mensch kann nur täglich ein paar Stunden lang oder gar nur einmal in der Woche Künstler sein, Töpfer sein, und ansonsten nach all den Versuchungen und den billigen leeren Schlagwörtern einer grob materialistischen und opportunistischen Gesellschaft leben. Kunst ist nun einmal nicht billig zu haben.« (MFW, S. 219)
»Mein Leben als Töpferin hat mich gelehrt, wie kurzlebig die Werte von Zeit- und Modeströmungen, von Kunstpreisen und Erfolgen sind. Publizität und Rampenlicht sind so flüchtig wie Wolken, aber ein gutes Gefäß wird Jahrhunderte überdauern, weil es wesentlich ist, gesund und rein in seiner Zweckmäßigkeit, seiner echten Schönheit, und besonders deshalb, weil es der unteilbare, unverderbliche und vollständige Ausdruck eines menschlichen Wesens ist.« (MFW, S. 223)
Links
Archives of American Art, Smithsonian Institution: Detailed description of the Marguerite Wildenhain papers, 1930-1982. Mit Fotos und Dokumentabbildungen. Online verfügbar unter http://www.aaa.si.edu/collections/marguerite-wildenhain-papers-5583/more, abgerufen am 16.02.2015.
Boeckh, Margit: Giebichenstein: Liebe zum Zerbrechlichen. Mitteldeutsche Zeitung, 11.09.2009. Online verfügbar unter http://www.mz-web.de/halle-saalekreis/giebichenstein-liebe-zum-zerbrechlichen,20640778,17993642.html, abgerufen am 16.02.2015.
Bröhan-Museum (2013): Avantgarde für den Alltag. Jüdische Keramikerinnen in Deutschland 1919-1933. Marguerite Friedlaender-Wildenhain, Margarete Heymann-Marks, Eva Stricker-Zeisel. Seite zur Ausstellung. Online verfügbar unter http://www.broehan-museum.de/infoseiten/a_avantgarde.html, abgerufen am 16.02.2015.
California State Parks: The Legacy of Marguerite Wildenhain. Online verfügbar unter http://www.parks.ca.gov/?page_id=23368, abgerufen am 16.02.2015.
Kahn, Eve M.: An Artistic Relationship Set in Stoneware. The Ceramists Frans and Marguerite Wildenhain on View. The New York Times, August 16, 2012. Online verfügbar unter http://www.nytimes.com/2012/08/17/arts/design/an-artistic-relationship-set-in-stoneware.html?pagewanted=all&_r=2&, abgerufen am 16.02.2015.
Luther College: Fine Arts Collection: Marguerite Wildenhain. Online verfügbar unter https://www.luther.edu/fine-arts/Artists/wildenhain-marguerite/, abgerufen am 16.02.2015.
Robinson, Marc: A Selection of Pottery by Marguerite Wildenhain. OEN. Online verfügbar unter http://the189.com/design/a-selection-of-pottery-by-marguerite-wildenhain/, abgerufen am 19.02.2015.
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Museum of Arts and Design: Marguerite Wildenhain. Online verfügbar unter http://collections.madmuseum.org/code/emuseum.asp?emu_action=searchrequest&moduleid=2&profile=people¤trecord=1&searchdesc=Marguerite%20Wildenhain&style=single&rawsearch=constituentid/,/is/,/1421/,/false/,/true, abgerufen am 16.02.2015.
National Register of Historic Places Program: Pond Farm Pottery Historic District. Online verfügbar unter http://www.nps.gov/nr/feature/places/14000307.htm, abgerufen am 16.02.2015.
National Trust for Historic Preservation: Pond Farm. Online verfügbar unter http://www.savingplaces.org/treasures/pond-farm#.VOIWd-aHhcZ, abgerufen am 16.02.2015.
National Trust for Historic Preservation: Preserving an Artistic Legacy at Guerneville, Calif.'s Pond Farm. Online verfügbar unter http://blog.preservationnation.org/2014/06/16/preserving-artistic-legacy-pond-farm/#.VOIWdeaHhcZ, abgerufen am 16.02.2015. Sonoma County Museum: Marguerite Wildenhain – Bauhaus to Pond Farm. Educator Guide. Bilder und Ausstellungstexte (engl.). Online verfügbar unter http://www.sonomacountymuseum.org/media/13590/wildenhain.pdf, abgerufen am 16.02.2015.
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Literatur & Quellen
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