Fembio Specials Exilantinnen (1933-1945) Ruth Feiner
Fembio Special: Exilantinnen (1933-1945)
Ruth Feiner
(Ruth Gerda Cecilia Feiner, Pseudonym Peter Perten, wahrscheinlich auch Friedl Poppe)
geboren am 30. Juli 1909 in Stettin
gestorben am 30. Juli 1954 in Visp, Schweiz
deutsche Schriftstellerin
115. Geburtstag am 30. Juli 2024
70. Todestag am 30. Juli 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Sie war ungemein vielseitig, konnte sie doch singen, schauspielern, Chansons und Romane schreiben, übersetzen, schneidern, kochen und tippen – und all das konnte sie gut.
Kunst lag bereits in ihrer Familie: Ihr Vater war der österreichische Schauspieler und Operettensänger Hermann Feiner (1888-1944), ihre Mutter die ungarische Opernsängerin Vilma Conti (1877–1936).
An sich wollte Ruth Feiner Theaterschauspielerin werden, arbeitete aber erst einmal als Stenotypistin – schon mit 16 Jahren wurde sie als schnellste Stenotypistin Berlins ausgezeichnet. Mit 19 war es dann soweit: Sie begann ihre Laufbahn im Kabarett der Komiker in Berlin, trat nicht nur auf, sondern schrieb auch die Texte ihrer Lieder selber und vertonte einige von ihnen. In ihren Chansons geht es genauso um alltägliche Situationen wie um Zwischenmenschliches. Diese wurden teilweise auch von anderen SängerInnen aufgenommen bzw. aufgeführt.
In dem 1928 uraufgeführten Film Das Fräulein von Kasse 12 von Erich Schönfelder spielte Ruth Feiner eine Vorführdame für Ölsardinen, Theodora Blau, die ein Auto gewonnen hat. Für den Film Sein Scheidungsgrund von 1931 schrieb sie das Lied „Zwei blaue Augen und ein Tango, die sind schuld daran“, weitere Texte auch für den Film Der Hochtourist aus dem gleichen Jahr.
Ab 1929 arbeitete sie als Verlagsassistentin bei der Zeitschrift Revue des Monats und ab 1931 für die UFA, schrieb auch weiterhin Schlagertexte für den Film und wurde oft vom Berliner und vom Kölner Rundfunk engagiert. Für ihre Arbeiten wurde sie 1931 mit der “Goldenen Funkuhr” des Berliner Rundfunks ausgezeichnet.
Von 1930 bis 1933 schrieb sie Novellen und Kurzgeschichten für das Programmheft Berolina von Haus Vaterland, einem großen Gaststättenbetrieb und Vergnügungspalast am Potsdamer Platz in Berlin, dessen künstlerische Leitung ihr Vater in dieser Zeit hatte. Diese veröffentlichte sie teilweise unter dem Pseudonym Peter Perten.
Nachdem Ruth Feiner 1933 einen SS-Mann wegen seiner antisemitischen Äußerungen in der Öffentlichkeit geschlagen hatte – sie war selber Jüdin – packte sie ihren Koffer und floh mit einem halb geschriebenen Buch nach England.
Dort gab sie ihren Traum vom Schauspielen auf und wandte sich ganz dem Schreiben zu. Sie arbeitete erst einmal wieder als Stenotypistin, beendete aber auch ihren bereits in Deutschland begonnenen Roman, der gleich ein großer Erfolg wurde. Geschrieben hatte sie ihn – wie auch ihre nächsten drei Romane – noch auf Deutsch, veröffentlicht wurden sie alle in Übersetzungen von Norman Alexander und zwar zeitgleich in Großbritannien und den USA. Ihr erster Roman erschien 1935 unter dem Titel Cat Across the Path, Übersetzungen ins Dänische und Niederländische folgten – das Buch wurde gleich ein großer Erfolg. 1951 wurde es von Leslie Arliss unter dem Titel The Woman’s Angle verfilmt.
Mit ihren Romanen machte sich Ruth Feiner einen Namen als erfolgreiche Autorin von Unterhaltungsliteratur. 1940 erschien Drei Tassen Kaffee als Fortsetzungsroman auf Deutsch in der Londoner Exilzeitung Die Zeitung und im gleichen Jahr als Buch auf Englisch unter dem Titel Three Cups of Coffee. Auch wenn die Autorin offensichtlich mit anderen ExilantInnen in Kontakt stand, erzählt der Roman die Geschichte dreier Britinnen in London um 1935, in der die politische Situation in Deutschland nicht thematisiert wird. Nur einmal werden die „vielen entwurzelten Menschen, die ohne jeden Besitz hierher geflüchtet sind“ kurz erwähnt, jedoch ohne dass eine der drei Kontakt mit ihnen hätte.
Weitere erfolgreiche Romane folgten, wobei es teilweise nicht deutlich ist, ob Feiner sie auf Deutsch oder auf Englisch geschrieben und dann übersetzt hat.
In Großbritannien arbeitete sie unter anderem mit dem Komponisten Hans May zusammen. So schrieb sie den Text für „Everything in Life“ für den Film gleichen Titels (1936). Ein anderes bekanntes Lied von ihr ist „London is Empty for Me”.
Im Alter von vierzig Jahren konvertierte sie zum Katholizismus.
Nach dem Krieg zog sie aus gesundheitlichen Gründen in die Schweiz, wo sie als Lektorin beim Walter Verlag in Olten arbeitete, für den sie auch drei Romane ins Deutsche übersetzte.
Ruth Feiner starb nach einer schweren Herzkrankheit an ihrem 45. Geburtstag im St. Marien Hospital in Visp.
Posthum erschien noch die deutsche Übersetzung ihres Buchs My Brother Was Wrong (1955) unter dem Titel Vergebung für den Mörder im Rex-Verlag (1969) und als Fortsetzungsroman in der Frankfurter Rundschau (1970). Als Exil-Autorin wartet sie noch auf ihre Wiederentdeckung.
(Text von 2021)
Verfasserin: Doris Hermanns
Literatur & Quellen
Literatur über Ruth Feiner:
Brunnhuber, Nicole: Ruth Feiner: “Degenerate Scribbler” or Political Moralist?, in: Nicole Brunnhuber: The faces of Janus : English language fiction by German speaking exiles in Great Britain, 1933–45. New York, Peter Lang, 2005
Budke, Petra und Jutta Schulze: Schriftstellerinnen in Berlin 1871 bis 1945. Ein Lexikon zu Leben und Werk. Reihe: Der andere Blick. Frauenstudien in Wissenschaft und Kunst. Berlin, Orlanda Frauenverlag, 1995, S. 113f
Förster, Evelin: Die Frau im Dunkeln. Autorinnen und Komponistinnen des Kabaretts und der Unterhaltung von 1901 bis 1935. Eine Kulturgeschichte. Berlin, Edition Braus, 2013, S. 82-87 und 224-227
McLaughlin, Donald: Women only? The Feuilleton of Die Zeitung (1941-1945). In: Ian Wallace: Aliens – Uneingebürgerte. Geman and Austrian Writers in Exile. Amsterdam, Rodopi, 1994. Amsterdamer Beiträge zur Neueren Germanistik, Band 37. S. 237-251
Robin, Antony, Jeremy Kushner (2017): Journeys from the Abyss: The Holocaust and Forced Migration. Liverpool, Liverpool University Press
Wall, Renate: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen im Exil 1933-1945. Band 1. Freiburg i. Br., Kore, 1995, S. 80
Z. L.: In Memory of Ruth Feiner, in: AJR Information, Vol. IX, No. 9, September 1954, p. 4
Ruth Feiner in der Deutschen National Bibliothek
Werke von Ruth Feiner:
Cat Across the Path. (1935) Übersetzung: Norman Alexander. London. Lippincott
Fires in May. (1935) Übersetzung: Norman Alexander. London, Harrap
Sunset at Noon: the Story of a Career. (1937) Übersetzung: Norman Alexander. London, Harrap
Yesterday’s Dreams: the Story of Two Families. (1939) Übersetzung: Norman Alexander. London, Dakers
Three Cups of Coffee. (1940) New York, Lippincott. Deutsche Ausgabe: Drei Tassen Kaffee. (1944) Übersetzung: Rudolf Eger. Bern, Hallwag. Neuübersetzung (1959): Josef Tichy. Heidelberg, Palladium, Bücher für alle, Jahrgang 3, Band 12
Young Woman of Europe: a Novel. (1942) London, Dakers
The Twain Met. (1943) London, Dakers
Pilgrimage to Paul: a Novel. (1945) London, Dakers. Deutsche Ausgabe: Der weite Weg. Die Geschichte der Frau mit den fünf Namen. (1945) Übersetzung: Gertrud Dunant. Bern, Hallwag
Zwischen heute und morgen. (1947) Bern, Hallwag. Englische Ausgabe: The Day Before Yesterday: a Novel. (1948) London, Hale
Bist du bereit, Caroline? (1949) Übersetzung: Lola Humm-Sernau. Bern, Hallwag. Englische Ausgabe: Are You Ready, Caroline? A Novel. (1950) London, Hale
For Amusement Only. (1951) London, Hale. Deutsche Ausgabe: Großes Glück zu kleinen Preisen. Roman. (1952) Olten, Otto Walter
The Magnificent Failure. (1952) London, Hutchinson. Deutsche Ausgabe: Der stille Sieg. Roman. (1953) Olten, Otto Walter. Neuauflage unter dem Titel Annette Vernier. Roman (1962). Zürich, Stocker-Schmidt
My Brother Was Wrong. (1955) London, Hutchinson. Deutsche Ausgabe: Vergebung für den Mörder. Roman (1969). Übersetzung: Eva-Maria Ledig. München, Rex-Verlag
Übersetzungen von Ruth Feiner:
Armstrong, Anthony (1959): Man fand ihn auf der Straße. Frankfurt am Main, Ullstein Verlag, Neuauflage 1954 Olten, Otto Walter
Marsh, Ngaio: Der Tod und der tanzende Diener (1954). Olten, Otto Walter
Brennan, Frederick Hazlitt: Das Boot der sündigen Fischer (1953). Olten, Otto Walter
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.